Ein Beitrag von Marleen Schindler, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sorbischen Institut Bautzen
Wenn Exponate aus kleinen Heimatstuben oder umfangreichen städtischen Sammlungen unabhängig von Zeit und Ort von Interessierten bequem von zu Hause gefunden und interaktiv von allen Seiten betrachtet werden können, ist das sicher ein großer Mehrwert für eine nutzerfreundliche Museumslandschaft. Möglich wird das beispielsweise durch 3D-Digitalisierung und Veröffentlichung von Objekten über museum-digital. Doch 3D-Projekte schrecken ab, benötigen sie doch oft Zeit und Ressourcen, die in den meisten Museen nicht fest eingeplant sind. Besonders finanzielle Fragen stehen den ersten Schritten auf dem Weg zu 3D-digitalisierten Objekten oft im Wege. Müssen Sie aber nicht!
Niedrigschwellige 3D-Lösungen
Inzwischen gibt es gute Lösungen, um mit wenig finanziellem Aufwand 3D-Modelle von Objekten zu erstellen und sie zu veröffentlichen. Ein möglicher Weg soll hier knapp skizziert werden und dabei aufzeigen, dass 3D Technik durch museum-digital niedrigschwellig zugängig ist.
Im Rahmen eines Drittmittelprojektes zur fotografischen Erfassung der Sammlung von Lotar Balke stand das Sorbische Institut Bautzen vor einem ähnlichen Problem. Etwa 2000 Sorbische Ostereier sollten fotografiert und mit Hilfe von museum-digital Schritt für Schritt dokumentiert werden (Ostereiersammlung, in Bearbeitung). Die so geschaffenen Metadaten sollen zukünftig in das Sorbische Kulturregister fließen. Die Anschaffung teurer 3D-Technik war im Projekt jedoch nicht vorgesehen. Trotzdem hielten wir es in Hinblick auf die Entwicklungen im Bereich 3D-Digitalisierung für sinnvoll, zumindest einige dreidimensionale Digitalisate anzufertigen und Workflows zu erproben.
Teure Technik – woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Der Markt für 3D-Technik ist in den letzten Jahren stark gewachsen und die verschiedenen angebotenen Geräte reichen über kostengünstige 360 Grad Kameras für Social Media-Anwendungen bis hin zu professionellen Großgeräten für mehrere zehntausend Euro. Die Mitarbeitenden musealer Sammlungen sehen sich damit einem unübersichtlichen Angebot verschiedener Ansätze zur dreidimensionalen Abbildung der physischen Welt gegenüber. Um sich intensiv in die dahinterstehende Technik einzuarbeiten und informierte Entscheidungen zu den eigenen Bedarfen zu fassen, reicht oft die Zeit nicht aus. Trotzdem werden die Anforderungen an die Digitalisierungsvorhaben von Museen und Archiven immer höher.
Umso erfreulicher ist es, dass in urbanen Räumen nach und nach Orte entstehen, die den Zugang zu moderner Technik vereinfachen. Diese Orte laufen oft unter englischen Namen, die auf den Mitmach-Charakter verweisen. So gibt es in Dresden einen Makerspace, in Cottbus das CreativeOpenLab (COLab), in Bautzen den Coworking- und Makerspace Tagwerk. Ihr Ziel ist es, Menschen kostenlos oder für wenig Geld zu ermöglichen, Projekte selbst umzusetzen, für die andernfalls teure Geräte angeschafft werden müssten. Von den Trägerinstitutionen wird ein gemeinsam genutzter Maschinenpark aufgebaut. Das fördert Nachhaltigkeit und Skillsharing im Gegensatz zu individuell angeschaffter Technik.
Im Makerspace der SLUB Dresden gibt es mehrere 3D-Scanner, die nach einer digitalen Arbeitsschutzschulung und einer technischen Einweisung vor Ort von den Nutzer:innen der SLUB kostenlos verwendet werden können. Die technische Einweisung vermittelt wichtige Grundkenntnisse zum Thema 3D-Scan und bietet die Möglichkeit, unter Anleitung eigene Objekte zu scannen und am Computer nachzubearbeiten. Für unsere Ostereier wurde uns der 3D-Scanner Artec Spider empfohlen. Dabei handelt es sich um ein handgehaltenes Gerät, das besonders für kleine Objekte geeignet ist und Details sehr gut abbilden kann. In vier Sitzungen konnten ohne weitere Vorkenntnisse 16 3D-Scans von Sorbischen Ostereiern unterschiedlicher Größe angefertigt werden. Dabei wurde der Scanner zusammen mit dem zugehörigen Drehteller genutzt. Das Ei wurde mit einem Ständer mittig auf dem Teller platziert. Beim Start des Scans beginnt dieser Teller automatisch, sich zu drehen und der Scanner muss nur noch gleichmäßig von oben nach unten bewegt werden. Am Computer kann in Echtzeit nachverfolgt werden, welche Bereiche gerade erfasst werden.
Um ein vollständiges Modell zu erhalten, ist es je nach Objekttyp bei dieser Scanmethode notwendig, mindestens zwei Aufnahmen zu machen und das Objekt zwischendurch auf die zuvor nicht sichtbare Seite zu drehen. So können die zwei Aufnahmen am Computer zu einem kompletten Modell zusammengefügt werden. Die Nachbearbeitung am Computer ist damit unbedingt notwendig und ist im Vergleich zum Scan, der nur etwa fünf Minuten benötigt, relativ zeitaufwändig. Für die Ostereiermodelle wurde eine halbe bis etwa eine Stunde Zeit für die Nachbearbeitung pro Ei benötigt. Danach kann das Modell im benötigten Format exportiert und gespeichert werden.
Verarbeitung von 3D-Daten
Wer noch nie zuvor mit 3D-Dateien gearbeitet hat, steht an dieser Stelle vor einer herausforderungsvollen Frage: welches Dateiformat brauche ich überhaupt? Für den Upload bei museum-digital wird ein .zip-Archiv verwendet. Darunter versteht man ein komprimiertes Dateiformat, in dem mehrere Dateien (wie mit einem Reißverschluss, engl. „zipper“) zusammengefasst werden können. Darin muss mindestens eine obj. Datei enthalten sein. Das „Object“-Format ist derzeit eines der Standard-Formate für 3D-Modelle. Meist werden darin nur die 3D Informationen gespeichert, nicht aber die Oberflächenfarbe des Objektes, die sogenannte Textur. Texturen werden dann separat in Form eines Bildes im .jpeg-Format abgespeichert. Um 3D-Datei und Textur zusammenzubringen bedarf es des Mappings, also einem Vorgang, der das zweidimensionale Bild über das dreidimensionale Objekt legt. Man kann sich das vorstellen, als würde man einen Teig in Frischhaltefolie einpacken. Dazu werden allerdings zusätzliche Informationen benötigt, die separat in einer .mtl-Datei (material template library) gespeichert werden.
Damit die Verarbeitung funktioniert, sind in den Dateien Bezüge zueinander eingeschrieben. Verändert man nachträglich die Dateinamen, ist es wichtig, auch die Bezüge in den Dateien zu ändern. Andernfalls laufen die Befehle ins Leere und man wundert sich, warum man auf einen schwarzen Bildschirm schaut, anstatt das 3D-Modell zu sehen. Das Ändern der Bezüge lässt sich einfach im Texteditor erledigen. Sowohl die .mtl- als auch die .obj-Datei lassen sich damit öffnen. Angezeigt werden dann plain text Informationen, die zwar wenig verständlich, aber menschenlesbar sind. Meist gleich zu Beginn werden die Bezugsdateien ausgezeichnet, deren Namen man einfach ändern kann. Wenn alle Bezüge stimmen, kann das .zip-Archiv erstellt werden. Unter Windows funktioniert das einfach per Rechtsklick und „komprimieren in…“. Das Archiv bekommt automatisch den Namen der ersten ausgewählten Datei und sollte unbedingt mit dem Namen der .obj-Datei übereinstimmen.
Veröffentlichung mit museum-digital
Für die Veröffentlichung über museum-digital wird das Objekt wie gewohnt angelegt und mit Basisdaten versehen. Anschließend wird im Reiter „Ansicht“ die Schaltfläche „3D-Objekt“ ausgewählt. Eine Eingabemaske öffnet sich und man erhält die Möglichkeit, eine Datei vom lokalen Speicher auszuwählen. Hierfür sollte das zip-Archiv verwendet werden. Je nach Hardware und Internetverbindung kann es einen Moment dauern, bis der Upload und die Verarbeitung fertiggestellt sind. In jedwedem Fall zeigt sich, wenn man alles richtig gemacht hat, das fertige 3D-Modell vor schwarzem Grund. Es kann in alle Richtungen gedreht und vergrößert werden. So werden es auch die Nutzerinnen und Nutzer von museum-digital sehen. Am linken Seitenrand können außerdem Informationen zum Rechtestatus des Modells eingestellt werden. Ratsam ist auch die Wahl eines geeigneten Vorschaubildes. Der Upload funktioniert ähnlich wie bei herkömmlichen Fotos. Eine einfache Lösung für ein ansprechendes Vorschaubild könnte zum Beispiel ein Screenshot des 3D-Modells im Viewer von museum-digital sein. Fotos des Objektes sind nur dann als Vorschaubild zu empfehlen, wenn sie nicht ohnehin als Ansichten zusätzlich zum Modell zur Verfügung stehen. Ist das hingegen der Fall, kann man das 3D-Modell in der Vorschauansicht nicht deutlich genug von den anderen Fotos unterscheiden, denn es wird dort gemeinsam mit den Fotos angezeigt.
Last but not least: Vernetzen!
Wenn das fertige 3D Modell veröffentlicht ist, darf man gern ein bisschen stolz sein – und es unbedingt auch zeigen! Der 3D-Viewer, den museum-digital kostenfrei und niedrigschwellig zur Verfügung stellt, ist ein großer Gewinn, wenn es darum geht, museale Sammlungen digital verfügbar zu machen. Ermutigen Sie gern auch andere Institutionen, die Technik auszuprobieren und geben Sie Ihre Erfahrungen weiter. Natürlich bleiben auch Probleme bei der Erprobung neuer Workflows nicht aus. Bei Fragen oder technischen Herausforderungen steht Ihnen das Team von museum-digital gern unterstützend zur Seite. Auch die Vernetzung mit anderen Institutionen, die bereits 3D-Modelle veröffentlicht haben, kann helfen, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. Damit die Angebote genutzt werden, können Sie Ihre Besucherinnen und Besucher auf Ihre digitalen Angebote aufmerksam machen und zum Stöbern auf Ihren Plattformen einladen.