Von Anfang an wussten wir, dass wir Gemälde nicht mit der Reproanlage aufnehmen können: Zu wenig ist die Beleuchtung flexibel einzustellen, um die in alle Richtungen reflektierenden Oberflächen der ölhaltigen und gefirnisten Oberflächen ohne Reflexe, also ohne „verbrannte“, inhaltsleere Stellen, aufzunehmen. Die Gemäldefotografie ist eine langwierige, Platz, Equipment und Erfahrung erfordernde Angelegenheit, die wir professionellen Fotografen überlassen wollen.
Um Arbeitsfotos geringerer Qualität herzustellen, haben wir es trotzdem versucht. Nach einer langen Reihe von Versuchen gelang es uns dann. Dazu stellten wir die Beleuchtung so ein, dass die Scheinwerfer nur noch indirekt den Reprotisch beleuchteten. Dazu mussten wir bei jeder Änderung der Scheinwerfereinstellung einen neuen Ausleuchtungsscan erstellen. Hier sind die Grenzen der Reproanlage erreicht: Irgendwann kann die Software die fehlende Beleuchtung nicht mehr ausgleichen bzw. „wegrechnen“ und kein reines Weiß mehr darstellen, sondern nur noch Grau.
Unerwartet trat dieses Problem ein zweites Mal auf: Unsere derzeitige Hauptaufgabe ist die (Bild-) Digitalisierung des Nachlasses von Hans Finsler, des bedeutenden Fotografen des Neuen Sehens und des ersten Leiters der Fotografie-Klasse an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle 1927-1932. Die Reflexionen traten nicht – wie man denken könnte – bei hochglänzendem, sondern bei seidenmattem Fotopapier aus den 1920er/1930er Jahren auf. Diese Fotografien wirken auf den ersten Blick matt, in den dunklen Bildbereichen bläulich bis silbern glänzend. Dies liegt am Aussilbern der alten Fotografien.
Um diese in alle Richtungen reflektierenden Fotografien dann doch befriedigend aufnehmen zu können, griffen wir auf einen gänzlich anderen „Trick“ als bei den Gemälden zurück. Um die Reflexionen zu reduzieren, verringerten wir die Beleuchtung, diesmal jedoch auf eine andere Weise. Wir beleuchteten die Fotografie nur von einer Seite, womit die Reflexionen nur noch gering einseitig bis überhaupt nicht mehr auftraten.
Der Scan zeigt, dass nur noch eine schwache Reflexion in der rechten oberen Ecke übrig geblieben ist.
(Werkgruppe Norddeutscher Lloyd, die „Bremen“, Juli 1929)