Vielleicht hat sich jemand gewundert, dass wir in unserem Themenportal "moderne_digital" (siehe https://themator.museum-digital.de/ausgabe/showthema.php?m_tid=227&tid=227&na=1&ver=nat) Fotografien von Hans Finsler, einem prominenten Vertreter des Neuen Sehens in der Fotografiegeschichte, gestorben 1972, zeigen können.
Die Tochter Hans Finslers, Regula Lips-Finsler, hat in den 1970-er Jahren bereits einen sehr weitsichtigen Passus in den Schenkungsvertrag aufgenommen, der es der Moritzburg erlaubt, für alle eigenen (Werbe-, Publikations- etc.) Zwecke, ohne nachzufragen oder bezahlen zu müssen, die Fotos zu nutzen. Sie übertrug "die ausschließlichen Nutzungsbefugnisse an den Leistungsschutzrechten" der Fotografien an die neue Eigentümerin Moritzburg, "auch das Recht der Vergabe von Nutzungsbefugnissen an Dritte" mit einem ausdrücklichen "Verzicht auf Vergütungsansprüche" durch die Erbin. Damit ist heute die Moritzburg in den Stand gesetzt, die Fotos von Finsler im Internet zu zeigen – eine Nutzung, die damals noch niemand bedenken konnte.
Heute stellen die gegenwärtigen Urheberrechtsregelungen für Kulturerbe-Institutionen wie Museen, Archive und Bibliotheken, die Material aus dem 20. und 21. Jahrhundert verwahren und online stellen wollen, eine Fessel dar. Sie können es nicht präsentieren, ohne die Angst, wegen Urheberrechtsverstößen verklagt zu werden oder zu bezahlen. Gerade letzteres ist bei oftmals sinkenden Zuwendungen der Träger unmöglich. Da erst 70 Jahre nach dem Ableben des Künstlers das Urheberrecht, also das Recht auf eine finanzielle Vergütung bei Abbildung des Objekts, erlischt und eine bildliche Wiedergabe "gemeinfrei" wird (vorbehaltlich der Fotografen-Rechte natürlich), wird es in unserem Portal außer Finsler nichts von einem Künstler zu sehen geben, der nach 1942 gestorben ist – ein merkwürdiges Auswahlkriterium für ein Portal zur Klassischen Moderne, aber nicht zu umgehen.
Hätte sich die Moritzburg bei allen Erwerbungen von Künstler, die noch leben oder noch nicht 70 Jahre verstorben sind, die für die eigenen Zwecke bestimmten Nutzungsrechte an ihrer Abbildung vertraglich übertragen lassen, könnten wir deren Werke online publizieren: neben der Verwaltung, Sicherung etc. eine nicht unerhebliche Arbeit, die die Museen zur Bekanntmachung der Kunst und Künstler leisten!