A blog on museum-digital and the broader digitization of museum work.

Die Ursachen für unser "Durcheinander"sind vielschichtig und sollen hier etwas aufgeblättert werden.
Wie schon mal erwähnt und zusätzlich eine Binsenweisheit, macht jeder Fehler beim Arbeiten. In der Digitalisierung (wie beim Rechnen) scheint dies aber strukturell nicht "erlaubt" zu sein, weil dann das Ergebnis nicht stimmt. Gerade bei komplexen, aufeinander aufbauenden Berechnungen (wie z. B. für eine Brücke) ist jedem einsichtig, dass alle Berechnungen stimmen müssen, sonst stürzt sie ein. Weniger dramatisch, aber im Prinzip gleich wie bei uns.
Der schwerwiegendste Fehler ist, wenn die Inventarnummern falsch sind, denn Bilddatei, Datensatz und Objekt sind allein über diese Nummer miteinander verbunden. Ist die Nummer an irgendeiner Stelle falsch, lassen sich diese drei Dinge nur mit viel Glück, Wissen oder viel Zeitaufwand wieder miteinander verbinden.   
Die Qualität der Arbeit hängt an der Qualität der Mitarbeiter, die das Verabredete umsetzen sollen. Sie müssen zunächst einmal ganz einfach das Vermögen haben, die Komplexität der Arbeit zu verstehen und ohne Abstriche ihr zu entsprechen. Vermögen? Was ich meine ist im Kern: Was tue ich, wenn ich merke, ich war eben unkonzentriert und es könnte gut sein, dass ich gerade Fehler gemacht habe? Sage ich "Stopp" und gehe die letzte Arbeit noch mal durch? Oder hoffe auf das Beste? Wie reagiere ich in solchen "Stresssituationen"? Stelle ich mich oder weiche ich aus. Für ein Arbeitsgebiet wie die Digitalisierung braucht es auch ohne einstürzende Brücken der ersten Typ Mitarbeiter.

Bei dieser Sache handelt es sich um einen seltsamen, fast privaten Punkt in jedem Menschen, einen Ort der Selbstbefragung und ein Ort, an dem sich die Menschen (und dann auch deren Arbeit) unterscheiden: Es stellt sich heraus, etwas ist nicht so einfach zu machen wie man dachte. Nehme ich eine Abkürzung? Tue ich so, als hätte ich das Problem gar nicht gemerkt? Oder weiß ich und akzeptiere, dass ich Fehler mache und plane dies gleich mit ein, z. B. indem ich regelmäßige Kontrollen durchführe, Gegenproben mache, Pausen einplane, Abwechslung suche oder Ähnliches? Und ganz wichtig: Wie bewusst bin ich mir in diesem Augenblick meiner Reaktion angesichts einer zunächst einmal frustrierenden Erkenntnis? Welche innere Spannkraft habe ich, noch die Wahl zu haben?
Ich leite zum ersten Mal Mitarbeiter an und hatte als Vergleichbasis daher nur mich oder Leute meiner Bekanntschaft. Ich bin es geradezu gewohnt, in Spannungsfeldern zu arbeiten und meinen Weg beizubehalten. Wie sehr gewohnt wurde mir erst jetzt klar, als ich feststellte, dass es für andere nicht so ist bzw. ein hoher Anspruch.
Worauf ich hinaus will, ist einfach: "Die Digitalisierung" ist eine recht komplexe Tätigkeit mit einer Schnittmenge aus mehreren Wissensbereichen. Man kann sie (noch) nicht studieren. Sie hat etwas mit Museologie zu tun, doch braucht man auch differenzierte Kenntnisse aus dem Bereich der Digitalfotografie (insbesondere Colormanagement). IT-Kenntnisse sind wichtig, das Fachwissen zur jeweiligen Wissenschaft nicht zu vergessen. Sogar da, wo es "händisch" zugeht, sind komplexe Ablagen, Handgriffe oder Routinen auszuführen. Einfache Arbeiten des immer Gleichen gibt es (zumindest bei uns) nicht. Immer gibt es eine Varianz in der Tätigkeit, immer einen Grund, die Konzentration zu halten, obwohl keine ausgesprochenen Intelligenzleistungen verlangt werden. Eine lange Liste ähnlicher Nummern auf Fehler durchzusehen, braucht eine erhebliche Konzentration! Und immer müssen alle Arbeitsschritte passgenau ineinander greifen, d. h. für die richtige Ausführung von Arbeitsschritt 25.-35. muss ich sowohl die davor als auch die danach kennen, ständig im Bewusstsein haben und beim Tun gegebenenfalls berücksichtigen (können).
Insofern benötigt die Digitalisierung qualifiziertes Personal – wie mir dankenswerter Weise die Kollegen auf der letzten Tagung Sammlungsmanagement in Hamburg (10.-11.6.) noch mal ganz klar vor Augen geführt haben. Vom Arbeitsamt vermittelte Ungelernte einzusetzen, von ihnen innere Klarheit, Konzentration und Bewusstheit zu verlangen, ist kein Ausweg aus der Situation, dass die Museen von ihren Trägern oft genug kein Geld für die neue Aufgabe der Digitalisierung bekommen. Die Fehler hinterher auszubügeln, beständig die Arbeit noch mal zu kontrollieren bringt für keinen Punkte. Besser sind studentische Mitarbeiter, die allerdings etwas kosten, vielleicht auch längerfristige Praktikanten aus dem Bereich der Museologie oder Kunstgeschichte. Und die Mitarbeiter aus dem eigenen Haus. Dazu komme ich im dritten Teil.

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