Es ist eine immer wiederkehrende Situation. Ein Museum leiht Objekte an ein anderes. Zusammen mit den Objekten wird eine Liste versendet, in der die wichtigsten Informationen zum Objekt und seiner Konservierung – von der Inventarnummer und dem Titel bis hin zur minimalen und maximalen zulässigen Temperatur – in einer Excel-Liste. Das empfangende Museum gibt die Daten nun händisch in die eigene Sammlungsdatenbank ein, um auch die geliehenen Objekte verwalten zu können. Das händische Kopieren aber kostet viel Zeit und lässt viel Raum für (Tipp-)Fehler.
Andererseits handelt es sich um eine klar definitierte Aufgabe, die immer wieder dem selben Muster folgend erledigt wird. Das heißt: Es ist eine fast ideale Aufgabe um automatisiert zu werden.
In den letzten Jahren hat sich eine Arbeitsgruppe im Rahmen von CIDOC zusammengefunden, um die Grundlagen genau für eine solche Automatisierung des Austauschs von Objektinformationen im Zusammenhang von Leihverkehren zu legen. Da offensichtlich nicht alle Museen dieselbe Sammlungsdatenbank benutzen, hieß dies zu aller erst einen offenen Standard – quasi eine gemeinsame Sprache, die den verschiedenen Programmen beigebracht werden kann – zu definieren.
Der so entwickelte Standard – EODEM, kurz für Exhibition Object Digital Exchange Model – ist mittlerweile weit genug gereift, dass er einer öffentlichen Betaphase verfügbar gemacht wurde. Wir haben erst sehr spät damit angefangen, uns ernsthaft damit zu befassen, aber es war merklich an der Zeit, einen Versuch zu unternehmen, Import- und Exportwerkzeuge für EODEM im musdb zu implementieren. Schon im November hatten wir ein entsprechendes Import-Feature veröffentlicht. Im Januar konnte der EODEM-Export gerade noch mit dem großen Update und Re-Design des Monats in musdb untergebracht werden.
Im Folgenden soll es zuerst darum gehen, wie man Objektinformationen in EODEM in musdb importieren und exportieren kann. Final folgen einige Anmerkungen zum allgemeinen Nutzen von EODEM zum jetzigen Zeitpunkt und in der näheren Zukunft.
Wie kann ich EODEM in musdb benutzen?
Wie Leihverkehre eingehend und ausgehend sein können, so gibt es auch zwei übliche Anwendungsfälle für EODEM-kodierte Objektinformationen. Das empfangende Museum kann durch den Import von EODEM-Daten viel Zeit sparen und Fehler umgehen, während die Kollegen im ausleihenden Museum den Leihnehmern niedrigschwellig viel helfen können, indem sie die Daten in EODEM exportieren.
EODEM importieren
Im Handbuch findet sich eine ausführliche Beschreibung des Importprozesses in musdb. Kurz zusammengefasst: Zuerst wird ein Passwort generiert, mit dem man mithilfe eines WebDAV-Clients Zugang zu einem Import-Ordner bei museum-digital erhalten kann. Dieser Ordner hat zwei Unterordner, in die man die Metadaten und (falls vorhanden) die zu importierenden Mediendateien hochladen kann. Dazu finden sich im Ordner eine Anleitung und eine Konfigurationsdatei, die man dem vorliegenden Import entsprechend anpassen kann. Benennt man die Konfigurationsdatei nun in import_config.txt
um, dient dies dem Server als Indikator, dass ein Import durchzuführen ist. Der Server prüft die Import-Ordner regelmäßig (derzeit alle vier Stunden) auf das Vorhandensein von Importdaten und importiert, falls Importdateien (besonders die Konfigurationsdatei) gefunden werden.
EODEM wurde als „Application Profile“ von LIDO 1.1 entwickelt, das heißt, das EODEM auf dem etablierten LIDO-Standard für den Austausch von Objektinformationen aufbaut und diesen um die für Leihverkehre relevanten Datenfelder erweitert. So ließ sich der EODEM-Import unkompliziert als Erweiterung in den bestehenden LIDO-Import integrieren. Möchte man also einen EODEM-Import durchführen, muss in der Konfigurationsdatei „Lido“ als „parser“ eingestellt werden.
Je nach dem, wie die Inventarnummern innerhalb eines Museums geformt werden, kann der Import von Objektdaten aus fremden Häusern zu einem Problem führen. Das Import-Tool bei museum-digital vergleicht die Inventarnummer der Objekte mit denen der schon erfassten Objekte. Gibt es bereits ein Objekt mit einer gegebenen Inventarnummer, wird dies als Zeichen genutzt, um den bestehenden Datensatz zu aktualisieren statt einen neuen Datensatz anzulegen. So wird normalerweise zwischen neuen Objekten und Updates unterschieden. Wird aber dieselbe Inventarnummer in beiden Häusern verwendet (offensichtlich für verschiedene Objekte), so würde der Server dies folgerichtig als Aufforderung zum Updaten sehen – und den eigenen Objektdatensatz mit den Daten des Leihobjektes überschreiben. Um diesem Problem zu begegnen bietet der LIDO-Parser jetzt eine zusätzliche Einstellung: prefix_inventory_numbers
. Wird hier ein Wert (Beispielsweise die Referenznummer des Leihverkehrs, oder ein Kürzel des Namens des ausleihenden Museums) eingetragen, so wird dieser den in den Importdaten angegebenen Inventarnummern vorangestellt. Damit ist eine Kollision quasi ausgeschlossen und der Import auch fremder Objekte sollte problemlos durchgeführt werden können.
EODEM-Daten exportieren
Objektdaten können in musdb genauso wie in alle anderen unterstützten XML-Exportformate exportiert werden. So erscheint EODEM jetzt primär als zusätzliches Exportformat im Formular für Exporteinstellungen (weiter unten lassen sich hier z.B. auch einzelne Felder abwählen, die regulär bei EODEM-Exporten mit exportiert würden, aber im gegebenen Fall nicht exportiert werden sollen). Ist der Export den eigenen Wünschen entsprechend eingestellt, wird mit dem Klick auf den Abschicken-Button eine ZIP-Datei bereitgestellt, in der sich die Objektinformationen in EODEM finden. Dieses ZIP kann man nun dem empfangenden Museum schicken.
Um den Prozess weiter zu vereinfachen gibt es zusätzlich auf der Bearbeitungsseite für Leihverkehre einen neuen Button „Objekte (EODEM)“ in der Rubrik „Exporte“ in der Seitenspalte. Durch einen Klick darauf wird man gleich zum entsprechend vorkonfigurierten Exportdialog für das Exportieren aller Objekte aus dem gegebenen Leihverkehr geleitet.
In musdb and darüber hinaus
Wie schon gesagt haben wir uns erst sehr spät mit EODEM beschäftigt. Der Standard ist schon seit einigen Jahren in der Entwicklung, während wir erst gegen Ende 2022 ernsthaft begonnen haben, uns damit auseinanderzusetzen. (Der Arbeitsgruppe gebührt aller Dank für die Entwicklung von EODEM und das Erkennen der damit einhergehenden Potentiale!)
Andererseits ist musdb tatsächlich das erste System zum Sammlungsmanagement, das Import- und Exportfunktionen für EODEM-Daten ausliefert. Damit ist der Datenaustausch vorerst schon einmal für den Fall von Leihverkehren zwischen zwei Museen, die beide musdb als Werkzeug für die Inventarisierung und das Sammlungsmanagement verwenden, einsetzbar.
Allgemein ist die Benutzung eines Standards ist aber nur so sinnvoll, wie er weit verbreitet ist. Die Website der Arbeitsgruppe bietet eine Liste der Softwarelösungen, in denen Import- und / oder Exportfunktionen für EODEM geplant sind. Viele der großen Namen sind darauf zu finden und haben sich aktiv in die Entwicklung des Standards eingebracht, sodass eine baldige Implementation in einigen der weiter verbreiteten Programmen absehbar ist.
Andererseits gibt es natürlich noch viele andere Programme für das Sammlungsmanagement, die sich bisher nicht auf der Liste finden. Die Implementation an sich ist definitiv nicht schwer, wenn bereits ein LIDO-Import oder Export unterstützt wird und je mehr sich der Standard verbreitet, desto sinnvoller wird seine Benutzung. Es ist daher zu hoffen, dass bald noch deutlich mehr Implementationen folgen, und wir alle die Interoperabilität zwischen Sammlungsdatenbanken stärken und Zeit sparen können.
Beitragsbild: “Relief zweier sich die Hände reichenden Männer, Seebronn (?)“, CC BY-SA @ Landesmuseum Württemberg