A blog on museum-digital and the broader digitization of museum work.

Am letzten Dienstag waren wir bei Foto Marburg zu Besuch, um uns ein Glasplattendigitalisierungsprojekt aus der Nähe anzusehen ("Fotografische Negative. Infrastruktur zur Erschließung und Digitalisierung historischer Fotografien in kunsthistorischen Bildarchiven", Laufzeit seit 2012, siehe http://gepris.dfg.de/gepris/projekt/203631055).
Wir wollten unsere vorhandenen Kenntnisse überprüfen und Details erfragen. Vollgestopft mit Wissen und Tipps, also satt und glücklich sind wir wiedergekommen. Die Fotografen Thomas Scheidt und Horst Fenchel haben uns viel mehr ihrer Zeit gewidmet als wir erwartet haben. Jetzt haben wir das Gefühl, dass wir auch als Laien die Glasplattendigitalisierung in Angriff nehmen können, ohne durch Unwissenheit oder Ungeschicklichkeit an den kostbaren Originalen etwas kaputt zu machen. Wir müssen zwar noch eine Menge vorbereiten und auch lernen, aber das Prinzip haben wir verstanden.

Zunächst durften wir das Depot besichtigen: Rund 2 Mio. Fotos stehen dort Reihe an Reihe, 1,8 km Regalmeter, gleichmäßig klimatisiert auf 18°. Wie der Fotorestaurator Horst Fenchel sagte, ist die Klimatisierung – und dabei zunächst gar nicht so sehr die tiefe, sondern die gleichbleibende Temperatur – der erste wichtige Schritt, die Lebensdauer der Fotos erheblich zu verlängern. Depotfragen sind auch für die Digitalisierung relevant: Digitalisierung heißt auch immer, sich Gedanken zu machen über den Ort, woher man die Objekte holt, ihre Lagerungsbedingungen und ihr langfristige Erhaltung. Denn einer der wichtigen Vorteile der Digitalisierung ist, dass das Objekt bis auf wenige Ausnahmen anschließend im Schrank verbleibt, auch wenn man sich sonst intensiv mit ihm beschäftigt, da hochauflösende Abbildungen bei vielen Objekten fast alle Fragen an das Original beantworten. Die Digitalisierung sollte auch immer ein Anlass sein, die Lagerungsbedingungen im Depot zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen. Wir haben im Rahmen des Projektes festgestellt, dass die professionelle Archivierung von Fotos jede Menge Geld kostet, wenn man es "richtig" und nach den gegenwärtigen, durch die Restaurierungswissenschaften ermittelten Standards tun will. Nicht nur die Klimatisierung, die bald, nach dem Umzug des Depots für unsere Photographische Sammlung, realisiert werden soll, sondern auch die richtige Verpackung jedes Fotos erfordern große Geldmengen für Material, ganz zu schweigen vom Personal, das das Material verarbeitet und die Objekte professionell verzeichnet. Wir geben die von uns digitalisierten Fotos nur gut verpackt in das Depot zurück, so dass die Lagerungsbedingungen in der Photographischen Sammlung weiter verbessert werden.

Anschließend haben wir eine Reproanlage von Foto Marburg besichtigt, mit der die Glasplatten digitalisiert werden. Weil wir die eigentliche Digitalisierung auf einem Flachbettscanner vornehmen werden und Foto Marburg eine Phase One 60-Megapixel-Kamera verwendet, sind die Bedingungen nicht ganz vergleichbar. Aber Thomas Scheidt, der Leiter der Fotowerkstatt, hat sich und uns das Vergnügen gemacht, zunächst ein Glasnegativ mit der Kamera zu fotografieren und anschließend mit einem Epson V750 zu scannen. Bei der Gelegenheit konnten wir die Arbeitsschritte beim Scannen und bei der anschließenden Bildbearbeitung live miterleben und einem Experten über die Schulter schauen. Die Qualitätsunterschiede waren erstaunlicherweise gering, so dass wir den Eindruck gewannen, dass unsere Technik – wenn auch nicht finanziell und technisch „high end“ –akzeptable Ergebnisse liefern wird. Unser Ziel ist das „digitale Faksimile“: Technisch sind die digitalen Reproduktionsverfahren derzeit in der Lage, alle Bildinformationen der Vorlage zu kopieren und damit das Original tatsächlich zu 100% wiederzugeben (ohne es zu sein!). Dies war lange Zeit nicht der Fall: Die digitale Auflösung hinkte über viele Jahre der analogen Realität hinterher.

Mit unserem Scanner haben wir eine ältere Version der Scansoftware SilverFast mitgeliefert bekommen. Wir werden sie für rund € 150,- von Version 6 auf 8 „upgraden“, mit unseren mittlerweile erworbenen IT-8-Targets (€ 180,-) eine Kalibrierung des Scanners vornehmen und die Glasplatten farbig, als “Glaspositiv“ scannen. Damit erhalten wir auch die sich oft farbig niederschlagenden Informationen zu Schadensbildern der Glasplatten wie Aussilberungen oder Retuschen. Von diesem farbigen Scan werden wir ein Graustufen-Bild erzeugen, in Photoshop das Negativ zum Positiv umwandeln und eine gewisse Bildbearbeitung zur Optimierung der Darstellung vornehmen. Unser Master wäre aber das Farb-TIFF des Glasnegativs, während das bearbeitete Bild in die Datenbank verknüpft wird und nur die Information liefert, welches Motiv sich auf dem Negativ befindet. Sofern sich in der Sammlung Hans Finsler zeitgenössische (Vintage-Print) oder nachträgliche Abzüge (Estate-Print) von diesem Negativ befinden, können wir in der Datenbank diese Datensätze miteinander verknüpfen und als zusammengehörig kenntlich machen.

Grundbedingung für eine anständige Bildbearbeitung ist ein guter Bildschirm. Wenn man ein Bild in Farben und Tonwerten bearbeitet, muss man sicher sein können, dass das, was man auf dem Bildschirm sieht und bearbeitet auch dem entspricht, was tatsächlich an Farbinformationen in der Datei abgelegt ist. Dies scheint eine selbstverständliche Forderung, doch viele günstige Bildschirme können dies nicht bzw. die Preisspanne bei den Bildschirmen, die es besser können, liegt zwischen € 500,- und 5.000,- (und mehr, wenn man will). Zwar haben wir vor zwei Jahren ein recht gutes Modell erworben (HP LP2475w), aber es erfüllt sicherlich keine Ansprüche eines professionellen Grafik-Büros. Auch haben wir unter den Mitarbeitern des Projektes nicht wirklich jemanden, der solide Bildbearbeitungskenntnisse hat. So beschränken wir uns auf das Scannen des Masters in optimaler Qualität und erstellen als Service für die Datenbank-Benutzer ein kleineres „Ansichtsbild“, also keinen professionell bearbeiteten digitalen Abzug, der z. B. gedruckt werden könnte, sondern nur ein „Motiv-Wiedererkennungsbild“. Wie auch bei unseren Scans von Grafiken und historischen Fotografien beschränken wir uns auf den ersten Arbeitsschritt der Bilderstellung und überlassen die Weiterverarbeitung der Bilddateien für bestimmte Zwecke anderen, die mehr davon verstehen. Das Master stellt so etwas wie eine Sicherungskopie des Objektes zu seinem gegenwärtigen Zustand dar. Fotografische Materialien reagieren über Jahre und Jahrzehnte weiter – wenn auch langsam, aber stetig. Sollten etwa Glasplatten beim Umzug zerbrechen oder andere Schäden erleiden, haben wir mit unserem Master die Bildinformation gesichert.

Foto Marburg hat uns Materialien zum Projekt zur Verfügung gestellt, die aber von uns nicht publiziert werden können (Teile des Antrags, den Workflow und den „Leitfaden zum Erkennen von Schäden und Retuschen an Negativen“). Aber eine Basis für jeden Antrag bei der DFG im Bereich der Digitalisierung sind die „Praxisregeln zur Digitalisierung“ der DFG (siehe http://www.dfg.de/formulare/12_151/12_151_de.pdf), die sich jeder ansehen sollte, der die gegenwärtig üblichen technischen Parameter im Detail kennen lernen will.

Eine kleine Änderungen gegenüber dem Tipp der Deutschen Fotothek haben wir noch: Foto Marburg hat sich für ihre Standardformate eigene Scan-Halterungen gebaut, so dass die Glasplatten nicht mit der Schichtseite auf dem Scannerglas liegen. Dieser Lösung für 150.000 Glasplatten kann man eine andere, selbstgebastelte entgegensetzen: Moosgummi 1-2 mm dick: Diese Idee werden wir ausprobieren.

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