A blog on museum-digital and the broader digitization of museum work.

Moosgummi-Abstandshalter auf Scanner
mittig: ausgeschnittenes Sichtfenster
oberhalb: schmaler Kalibrierungsstreifen

Detail: Abstandshalterung

Ab Anfang März 2014 haben wir mit der Digitalisierung von Glasplattennegativen begonnen. Wie schon in den Blogbeiträgen I bis III erwähnt, nutzen wir den Flachbettscanner Epson Perfection V750 pro (ca. 750 € Neupreis) in Verbindung mit der Software LSI Silverfast Studio 8 (ca. 300€ Neupreis) und Adobe Photoshop Elements 10 (nicht mehr erhältlich, Neupreis für Version 12 ca. 80€).

Wir haben uns entschlossen, die Glasplatten nicht direkt auf das Scannerglas aufzulegen. Ansonsten würde Glas auf Glas liegen und so bestünde die Gefahr, dass die Glasplatte des Scanners oder die Glasnegative selbst zerkratzen. Zwei direkt und plan aufeinanderliegende Flächen sind zudem schwierig voneinander zu trennen – in diesem Fall also: das Glasnegativ nach dem Scanvorgang wieder von dem Scannerglas aufzunehmen.
Aus diesem Grund haben wir einen Abstandshalter gebastelt.
Während bei Foto Marburg Halterungen aus Hartplastik verwendet werden, entschlossen wir uns, unsere Halterungen aus einfachem Moosgummi zu basteln. Für die Materialwahl sprach der geringe finanzielle Aufwand, aber auch der Umstand, dass Glasplatten unterschiedlichster Größen zur Digitalisierung anstehen und dabei nahezu für jede Größe eine eigene Halterung entworfen werden muss. Das Moosgummi ist in verschiedenen Materialstärken kostengünstig verfügbar und lässt sich mit einem scharfen Cuttermesser relativ einfach und schnell zurechtschneiden.

Jede Abstandshalterung besteht zunächst aus einer Maske, die nahezu die gesamte Scanfläche abdeckt. In diese Maske wird ein Sichtfenster in Größe der zu scannenden Vorlage geschnitten. Außerdem muss die Maske oberhalb einen schmalen freien Streifen aussparen. Wird dieser Streifen nicht freigelassen, wird folgend schlichtweg eine durchgehend schwarze Fläche gescannt.
Beim Zuschneiden des Moosgummi-Abstandshalters müssen alle Kanten möglichst gerade und rechtwinklig ausgeschnitten werden (Für nähere Erläuterungen zur Ausrichtung der Scans vgl. Blogbeitrag „EDiM – Funktionsweise und Workflow an der Reproanlage“ insbesondere Abschnitt „Warum ist uns die Rechtwinkligkeit so wichtig?“).

Beim bequemen und geraden Auflegen der Glasnegative helfen zwei erhöhte Kanten. Diese Kanten haben wir ebenfalls aus Moosgummi ausgeschnitten und mit einem lösemittelfreien Bastelkleber auf Wasserbasis angebracht.

Die Wahl der Moosgummi-Materialstärke von 2 mm liegt in der Spezifik des Scanners begründet. Andere Scanner mögen eventuell eine andere Materialstärke erfordern.
Der hier zum Einsatz kommende Scanner Epson Perfection V750 pro verfügt während des Durchlichtbetriebs im Wesentlichen nur über zwei verschiedene Scanmodi. In der Software Silverfast lauten die Bezeichnungen dieser Modi „Durchlicht“ und „Durchlicht groß“.
Wird der Modus „Durchlicht groß“ gewählt, kann der Scanner Durchlichtvorlagen auf der nahezu A4-großen Scanfläche komplett erfassen. Der Fokuspunkt liegt innerhalb dieses Modus direkt über dem Glas. Vorlagen müssten also – um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen – direkt auf das Scannerglas aufgelegt werden, was in unserem speziellen (Glasnegativ-)Fall bereits nicht möglich ist. Ein weiterer Nachteil dieses Scanmodus scheint darin zu bestehen, dass die seitlichen Bereiche der Scanfläche nicht direkt über einen Sensor, sondern nur über Spiegel erfasst werden. In den Randbereichen wird also weniger präzise abgebildet.
Wird der Modus „Durchlicht“ gewählt, verfügt der Scanner zunächst über einen deutlich verkleinerten Scanbereich. Es wird nur noch ein schmaler Streifen mittig der Gesamtfläche abgebildet. Hierbei handelt es sich um den Bereich, der tatsächlich direkt von dem Sensor – ohne Spiegel – erfasst werden kann. Außerdem liegt der Fokuspunkt nicht direkt über dem Scannerglas, sondern leicht erhöht, da dieser Modus speziell zur Verwendung mit den mitgelieferten Epson-Filmhaltern (nur für Kleinbild oder Mittelformat) gedacht ist, welche die Vorlage ebenfalls leicht erhöht positionieren.

In der Dokumentation des Scanners sind die hier beschriebenen Eigenarten des Geräts leider nicht sehr ausführlich behandelt. Die angeführten Werte resultieren aus einem Telefonat mit der Firma Laser Soft Imaging, können aber sinngemäß auch in deren Web-Forum nachgelesen werden: http://forum.silverfast.com/v750-negtiv-dunkles-vorschubild-t6578.html

Für die gestellten Anforderungen sind die Moosgummi-Abstandshalter durchaus geeignet. Dennoch gibt es einige Nachteile: Selbst mit einem sehr scharfen Cuttermesser und schnellen, kräftigen Schnitten lässt sich keine absolute Präzision erreichen. Durch die Flexibilität des Materials gibt dieses stellenweise nach oder verzieht sich beim Beschneiden. Das Ergebnis sind Schnittkanten, die leicht ausfransen können oder keine hundertprozentige Geradlinigkeit erreichen. Zudem kann bei Dauernutzung eines Moosgummi-Abstandshalters dieser am Ende des Arbeitstages – durch die Wärmeentwicklung des Scanners – leicht verzogen sein. Das ‚Offenlassen’ der Abdeckung zwischen den Scanvorgängen kann dem jedoch ausreichend vorbeugen. Aufgrund der insgesamt einfachen und unkomplizierten Handhabung ist das Moosgummi trotz der genannten Nachteile generell zu empfehlen.

Kalibrierung des Scanners

Vor dem Scannen sollte der Scanner kalibriert werden. Dieses kann über ein Durchlicht IT-8-Target (ca. 60€) erfolgen. Zum Kalibrieren wird das Target einfach auf der Scannerfläche positioniert und in der Silverfast Software der Button mit der Beschriftung „IT-8“ gewählt, worauf die automatische Kalibrierung erfolgt. Nach Abschluss des Vorgangs muss lediglich der Dialog geschlossen und der Speicherort für das Profil bestätigt werden.

Die Kalibrierungs-Automatik der Software funktioniert erstaunlich gut und erkennt sogar schief aufliegende Targets präzise.

Wir scannen unsere Glasplatten als TIFF mit 1800 dpi und 48 Bit Farbtiefe. Dies führt zu einer durchschnittlichen Dateigröße von ungefähr 500Mb pro Scan.

Negativ mit farbiger Retusche (Finsler)

Warum werden Schwarz-Weiß Negative in Farbe gescannt?

Was bei der dpi-Einstellung noch nachvollziehbar scheint, nämlich möglichst hohe Auflösung für möglichst hohe Detailwiedergabe, sorgt bei der Farbtiefe eventuell für Verwirrung. Warum sollten Schwarz-Weiß Negative, welche bloß Schwarz-Weiß Abzüge vorbringen sollen, plötzlich farbig gescannt werden?

Die Digitalisierung der Glasplattennegative stellt für uns zunächst eine Bestandssicherung und gleichzeitige Dokumentation des aktuellen Zustands dar. Auch wenn die Negative stets für die Herstellung von Schwarz-Weiß Abzügen gedacht waren, existieren die Glasplatten ‚in der Wirklichkeit’ in Farbe. Lagerungsspuren, generelle Materialalterung, aber auch Feuchtigkeitsschäden, Bakterien, beginnende Zersetzung oder andere Spuren haben teilweise zu beachtlichen Verfärbungen geführt. Außerdem soll das Digitalisat möglichst einem digitalen Faksimile entsprechen. Häufig wurden und werden auf den Negativen Retuschen vorgenommen. Diese wurden meist durch das Aufbringen von sogenannten Abschwächern oder Verstärkern durchgeführt. Gerade letztere hinterlassen eine rötliche Verfärbung auf den behandelten Flächen. Ein Schwarz-weiß Scan würde diese durch den Fotografen vorgenommene Bearbeitung nicht mehr erkennbar machen. Der farbige Scan gewährleistet hingegen, dass das Digitalisat sämtliche Informationen – auch die farbigen – bereithält, die auch in der Vorlage selbst enthalten sind. Die 48 Bit stellen für uns einen Kompromiss aus möglichst hoher Farbtiefe und Dateigröße dar. Zwar hält die Software die Möglichkeit bereit, Dateien mit 68 Bit Farbtiefe zu erzeugen, jedoch wird die Datei durch diese Einstellung auch unangemessen groß.

Bildoptimierungen

Auch wenn die Software einige Möglichkeiten bereithält, das Scanergebnis zu optimieren, werden im Arbeitsablauf sämtliche dieser Verbesserungen ausgeschaltet. Da es uns um ein digitales Faksimile der Vorlage geht, wären Funktionen wie „Automatische Filmkornglättung“ oder „Automatische Kontrastoptimierung“ dem anvisierten Ziel eher abträglich, da das Ergebnis keine exakte Kopie mehr darstellen würde. Insgesamt bleiben also sämtliche Optimierungsfunktionen deaktiviert. Auch am Tonwertumfang nehmen wir keine Veränderungen oder Anpassungen vor.

Digitalisat eines Abzugs von Finsler

Digitalisiertes Negativ zum obigen Abzug, nur invertiert

Digitalisiertes Negativ zum obigen Abzug, invertiert und leicht nachbearbeitet

Arbeitsablauf: Scannen und Ablegen

Bevor wir mit dem Scannen beginnen, reinigen wir das Glasnegativ. Wir säubern allerdings nur auf der Glasseite mit einem feinen Marderhaarpinsel. Mit diesem können Staub und andere Verschmutzungen gut entfernt werden. Für gröbere Verschmutzungen eignet sich ein feines Mikrofasertuch, durch welches auch leichter (!) Druck ausgeübt werden kann. Die Schichtseite lassen wir gänzlich unbehandelt, da zu schnell irreversible Schäden entstehen könnten und wir keine ausgebildeten Foto-Restauratoren sind.

Nach Auflegen des Glasnegativs auf die Moosgummi-Abstandshalterung starten wir den Vorschauscan. In dem sich öffnenden Fenster wird dann mittels beweglicher Begrenzungsrahmen der tatsächlich zu scannende Bildausschnitt festgelegt. Diesen wählen wir so, dass das Motiv nicht durch die Begrenzungsrahmen angeschnitten wird, dass aber auch nicht zu große Bereiche der Abstandshalterung mitgescannt werden. Anschließend kann der eigentliche Scanvorgang ausgelöst werden.

Die dabei erzeugte Datei legen wir danach unter der entsprechenden Inventarnummer mit dem Namenszusatz „_master“ ab. Diese Master-Datei wird nicht weiter bearbeitet oder beschnitten. Von ihr wird allerdings eine Kopie erzeugt und diese mit dem Programm Adobe Photoshop Elements 10 bearbeitet. Innerhalb des Programms beschneiden wir den Bildausschnitt dann weiter, so dass nur noch das Motiv – ohne Abstandshalterung – zu erkennen ist. Anschließend wird das Bild in Graustufen konvertiert, horizontal gespiegelt und die Farben umgekehrt – also ein digitaler Abzug erzeugt. Die durch die Bearbeitung entstehende Datei wird dann unter der jeweiligen Inventarnummer mit dem Namenszusatz „_abzug“ in dem gleichen Ordner wie die Master-Datei als TIFF abgespeichert. Natürlich wird der auf diese Art entstandene Abzug nicht dem entsprechen, was dem damaligen Urheber vorschwebte. Allerdings stellt dieser digitale Abzug auch nur einen zusätzlichen ‚Service’ für potentielle Betrachter dar und soll nur eine grobe Vorstellung des letztendlichen Motivs liefern, da es für viele Betrachter schwierig ist, Negative zu interpretieren. Der Hauptaufgabe, dem Digitalisieren und Faksimilieren des Glasnegativs, ist bereits durch die Master-Datei nachgekommen.

Dadurch, dass dem Fotografen beim Belichten und Vergrößern mehrere Möglichkeiten offenstehen, weiteren Einfluss auf das Motiv und den letztendlichen Abzug zu nehmen, stellt unsere Methode, das bloße Invertieren des Negativs, nicht unbedingt das Ergebnis dar, welches sich auch der Fotograf vorstellte. Schließlich stellt auch das Papier, auf welches das Foto ausbelichtet wurde, einen weiteren Einflussfaktor dar. Allerdings kann das Motiv mittels digitaler Bildbearbeitung weiter angeglichen werden. Einerseits bedeutet eine solche Nachbearbeitung jedoch einen erhöhten Zeitaufwand und andererseits stellt sich diese dort als besonders schwierig dar, wo kein Künstlerabzug, sondern nur das Negativ vorhanden ist. Hier gibt es keine Möglichkeiten, den digitalen Abzug mit dem Künstlerabzug abzugleichen. Stattdessen bedeutet hier jedes Erzeugen eines Abzugs gleichzeitig auch Interpretation des Motivs. Der Bildbearbeiter muss sich stets fragen, wie hell oder dunkel der Abzug ausfallen oder welche Tonwerte das Motiv aufweisen sollte. Links ist erkennbar, wie weit fotografischer Abzug und der – mit unserer Methode erstellte – digitale Abzug auseinanderliegen können und wie der digitale Abzug dem fotografischen Abzug mit etwas Zeitaufwand angeglichen werden kann.

Bei den beschriebenen Einstellungen kommen wir auf eine Scanzeit, die pro Scanvorgang bei circa acht Minuten liegt. Hinzu kommen noch der Vorschau-Scan, das ordnungsgemäße Ablegen der Datei, das Erstellen des Abzugs sowie ein eventuelles Umpacken des Glasnegativs und die Beschriftung der Neuverpackung, so dass bis zu 15 Minuten für den gesamten Vorgang veranschlagt werden können (ohne digitale Nachbearbeitung).

Mit der aus den Einstellungen resultierenden Dateigröße um 500 MB bewegen sich die Bilddateien in dem Bereich, der auch durch die Reproanlage erzeugt wird.
Zur Moosgummi-Abstandshalterung lässt sich sagen, dass die Maske an jeder Seite circa 2mm des aufgelegten Negativs verdeckt. Bei vielen Glasplatten ist dies unproblematisch, jedoch gibt es auch Glasplatten, bei denen das Motiv bis an den Rand reicht.

Ein letzter Kritikpunkt betrifft die Software Adobe Photoshop Elements 10. Leider kann das Bildbearbeitungsprogramm nicht mit höheren Farbtiefen umgehen und unterstützt zudem Farbmanagement nicht im vollen Umfang. Für eine tiefgreifende Bearbeitung der Digitalisate ist es daher nicht geeignet. Die Dateien müssten zuvor in eine geringere Farbtiefe umgewandelt werden, wodurch Informationen verloren gingen. Scheinbar muss an dieser Stelle doch auf die aktuelle CS Variante des Bildbearbeitungsprogramms zurückgegriffen werden. Dieses unterstützt sämtliche angesprochenen Funktionen, ist jedoch auch mit erheblich höheren Kosten verbunden.

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